Alltag mit Kanüle?

  • Hallo an Alle,


    eine Frage beschäftigt mich ganz besonders. Wie verkraftet ihr, dass euer Kind eine Kanüle trägt? Abgesehen davon, dass ich sehe wie sehr sie Felix hilft, finde ich das von der seelischen Belastung her wirklich schlimm. Dieses kleine Loch im Körper meines Kindes in dem dieses Ding steckt... Und im Notfall muss ich es auch selber hineintun können. Wir hatten schon einen Notfall und ich weiss, was ich zu tun habe und das das dann auch funktioniert. Ich wünschte mir nur so sehr er bräuchte sie nicht. Felix musste durch den Verlauf seiner Krankheit schon viel durchstehen und wir als Eltern haben immer ein Stückchen mehr gelernt, an Pflege, aber die Kanüle, das packe ich kaum.
    Wie geht es euch damit?
    Ich muss dazu sagen, das Felix auch arge Gewöhnungsprobleme hatte. Er hat einfach angst zu ersticken und die Kanüle zu entfernen, das bedeuted für ihn 2 Atmenzüge mit viel weniger Luft auskommen und dann ist er in Panik geraten. Ich habe versucht ruhig zu bleiben, weil mein Stress ihm nun wirklich gar nichts nützen würde. Es hat sich jetzt stabilisiert.
    Vielleicht leigt es auch daran, dass wir eh in so einer Extremsituation leben.
    Liebe Grüße
    Maren

  • Hallo Maren!
    Ich / wir kennen Deine beschriebenen Gefühle bezüglich „Loch“ im Kind von uns selbst.
    Mittlerweile verkraften Kerstin und ich das „Loch“ und die Notwendigkeit der Kanüle sehr gut. Die Kanüle mit all ihren negativen und positiven Konsequenzen gehört nun einmal zu Jana und ohne sie wäre Jana „unvollständig“. Die Stoma-Pflege und der Wechsel der Kanüle ist alltäglich und normal geworden.
    Nach der ersten Normalisierung nach Anlage des Tracheostomas und der Entspannung der lebensbedrohlichen Situation, war für uns das Wissen u.U. niemals / nie wieder die Stimme unserer Tochter zu hören der schmerzvollste Verlust. Später brauchten wir unsere Tränen für ganz andere Sorgen als „solchen Belanglosigkeiten“. Seit einem halben Jahr freuen wir uns unheimlich, wenn Jana in ihrem Mundraum Geräusche selbst produziert und ganz selten können wir von ihr das „schönste Lachen der Welt“ HÖREN. Andererseits hilft und half das Wissen, daß Jana ohne Kanüle mindestens einmal nicht überlebt hätte und einige Operationen / Erkrankungen erheblich risikoreicher und langwieriger gewesen wären. Im Bewußtsein vergleichen wir Jana mit anderen Kindern nur selektiv. Wir freuen uns an allem was Jana kann und sind dankbar für alles was Jana nicht hat / erleiden muß. Das Unterbewußtsein schweigt inzwischen bei dem was Jana und wir nicht können immer länger.
    Mein „wunder“ Punkt ist alles, was nach akuter Lebensgefahr auch nur aussieht. Selbst jedes verstärkte Husten, Würgen oder erhöhter Absaugebedarf wird kritischst beobachtet (vielleicht beginnende Pneumonie), oder das Wissen, daß Jana nach der Kehlkopf-OP zwei Wochen voll sediert und relaxiert auf der ITS liegen wird inkl. dem nachfolgenden Entzug, bereitet mir momentan mehr Sorgen und Schmerz, als eine negative Folge der ergebnisoffenen OP selbst.
    Das nennt man wohl traumatisiert sein.


    LG Thorsten

    Kerstin und Thorsten mit Jana (2003), 26. SSW,
    Kehlkopfspalte, Tracheomalazie, Stimmbandparese, Tracheostoma, Button

  • Hallo Maren !


    Auch Merle trägt eine Kanüle.Da sie erst 9 Wochen alt war als sie die Kanüle bekam, ist es für sie völlig normal. Sie kennt es leider nicht anders. Auch für uns war der Gedanke an die Kanüle etwas ganz schreckliches das uns Angst machte. Vorher aber wurde sie im Aufgeregtem Zustand innerhalb von 5-10 Sekunden blau und wir rannten ihr ständig mit der Sauerstoffflasche hinterher. Da war die Kanüle ein echter Segen. Inzwischen wird Merle bald 2 Jahre alt und die Kanüle ist ein alter Bekannter. Wir sind froh uns damals für die Kanüle entschieden zu haben. Bald hatt Merle ihre letzte OP und dann kommt die Kanüle weg. Ich kann mir nicht mehr vorstellen wie es anders ist. Beim kleinsten Infekt werde ich Angst haben das sie Erstickt da die Kanüle dann nicht mehr da sein wird.


    Einen ganz lieben Gruß sendet Dir
    Steffi

  • Hallo Maren,


    uns geht es eingentlich ähnlich wie den Anderen. Erst hat mich das Loch in Jonas seinem Hals so abgeschreckt, daß ich es kaum ansehen konnte. Aber nun sind über 1 Jahr vergangen und es ist normal für uns. Auch wir könnten uns Jonas nicht mehr ohne vorstellen. Es gehört nun einfach zum Alltag - Verbandswechsel, Absaugen, Absauger mit rum schleppen usw. usw


    Trotzdem gibt es immernoch Tage wo man denkt, oh wenn es doch endlich weg wäre. Aber Jonas scheint es nicht zu stören. Sicherlich ist es ein Fremkörper in seinem Hals, aber er kennt es gar nicht anders. Und so hat er uns gerlernt völlig normal damit umzugehen.


    Ich denke mit der Zeit kommt auch eine Arzt gleichgültigkeit und man kann die Dinge besser akzeptieren als am Anfang.


    Hier noch ein paar Worte zu Deinem Bericht Kanülenwechsel bzw. Notfall. Auch in solchen Situationen sind wir Profis geworden. Oft viel routinierter und ruhiger als unserer Pflegedienst. Wird er mal blau - kein Problem O2 her und Anspülen und Absaugen. Na ja und wenn alles nichts mehr hilft holen wir den Notarzt - da haben wir schon 2x getan und sind eigentlich immer ruhig geblieben. Denn solange das Kind noch eigentständig atmet kann ja nicht wirklich etwas passieren.


    Also Kopf hoch.
    Liebe Grüße
    Claudia + Jonas

  • Hallo!


    Ich fand anfangs auch schon die PEG seh gruselig.. dieses Loch im Bauch. Daran habe ich mich aber völlig gewöhnen können. An das Tracheostoma aber eigentlich nie so richtig, ich mag es nicht.. es sieht nicht schön aus, da ist immer Sekret, das Baden ist so gefährlich geworden und kein Spaß mehr. Wir können nicht mehr schwimmen gehen, was Linn so gerne mochte. Immer und ständig muss ich absaugen, es dauert, bis man alles auf dem Kinderwagen hat, dass man rausgehen kann...
    Linn hat zum Glück kaum Probleme mit dem Wechsel, man muss die Haut nebendran nur etwas straffen und es damit aufhalten, dann kann sie gut darüber atmen, beim Einsetzen der Kanüle muss sie husten und man muss irgendwie es schaffen, das Bändchen festzumachen und sie dann absaugen... und hoffen, dass sie bis dahin nicht vor lauter Husten und Ärger gebrochen hat.


    Was mich ganz alltäglich stört: ich kann nicht mehr in den Nacken oder an den Hals küssen. Da ist immer das blöde Bändchen oder die Kanüle.
    Klar, vieles sind Nebensächlichkeiten, gegen das, dass Linn es ohne die Beatmung gar nicht schaffen würde... aber mir fehlen auch die kleinen Dinge..


    LG
    Nellie

    Nellie *1978 mit Linn *02/04 (mehrfachbehindert durch PCH-2a, Tracheostoma, fast vollzeitbeatmet, Ernährung über Sonde, Epilepsie) und Ann *06/09

  • Hallo,


    danke für Eure Antworten. Es ist wirklich nicht einfach. Felix war auch ein richtiges Plappermäulchen, ohne richtig sprechen zu können. Das felht mir wirklich ganz schrecklich. Aber mittlerweile kommen auch von ihm einige Geräusche an der Maschine. Und dann strahlt er so.
    Auch ich finde die eingeschränkte körperlichkeit hinderlich. Zumal Felix aufgrund seiner Atemwegsprobleme eh immer schon auf Abstand gegangen ist. Auch blockiert es ihn in der Fortbewegung, den Bauchlage war eh nie sein Fall und ist nun ganz abgeschrieben.
    Auf der anderen Seite sehe ich zur Zeit ganz deutlich, dass es ihm extrem gut geht. Und das liegt zu 100% am Stoma. Insofern kann ich es einigermaßen akzeptieren.
    Mittlerweile haben wir in der Pflege und beim Wechsel eine sehr gute Routine. Felix ist damit so vertraut geworden, dass er sogar die Wattestäbchen zum saubermachen hält. Zum einen haben wir uns angewöhnt alles an der Maschine zu machen, dann ist er nicht so gestresst und zum anderen machen den Wechsel jetzt nur noch bestimmte Schwestern, zu denen er und ich vertrauen haben. Und so funktioniert es auch gut.
    Liebe Grüße
    Maren